Die römische Nekropole von Carmona
Die Begräbnis- und Weihestätte von Carmona ist eine der größten und am besten erhaltenen römischen Nekropolen in Spanien. Die freigelegten Grabanlagen stammen aus der Zeit zwischen dem 1. und 2. Jh. n. Chr. Zu der Zeit war die Einäscherung die häufigste Form der Bestattung. Dazu wurden die Toten in Vertiefungen, die man aus dem gewachsenen Felsboden schlug, auf Scheiterhaufen verbrannt. Gelegentlich dienten diese Verbrennungsstätten auch als Gräber, in die man die Aschenurnen stellte und anschließend mit Steinplatten verschloss. Die Mittel- und Oberschicht bevorzugte jedoch für die Unterbringung der Urnen aufwändige, aus dem Fels geschlagene Familiengruften, die z.T. aus mehreren Grabkammern bestanden. Der Zugang zu diesen Grabanlagen erfolgte über Steinstufen.
Beim Beginn des Rundgangs fällt sofort die runde Konstruktion mit dem leicht gewölbten Dach auf. Es handelt sich dabei um ein Mausoleum, das aus einem oberirdischen Rundbau, der leider die Jahrhunderte nicht überdauerte, und einer unterirdischen Grabkammer bestand. Die Grabkammer ist über einen Treppenschacht zugänglich, in dem auch Urnen bestattet wurden. Die viereckige Grabkammer besitzt Nischen für die Urnen, die in etwa auf Augenhöhe aus dem Fels geschlagen wurden.
Die Zeichnung zeigt das Ritual des Trankopfers: Das Familienoberhaupt gießt eine Flüssigkeit - in der Regel Wein in Verbindung mit Honig oder Gewürzen - durch eine Öffnung in die unterirdische Grabkammer. Dieses Ritual wurde zu Ehren der verstorbenen Angehörigen an verschiedenen Feiertagen im Laufe des Jahres durchgeführt und war in der Regel mit einer Mahlzeit verbunden.
Um den Angehörigen auch nach dem Tod die Möglichkeit zu geben, ihre Verstorbenen zu besuchen, wurden großzügige Anlagen mit Vorhöfen und Ruhebänken angelegt. Die letzte Ruhestätte wurde oft mit Wandmalereien verziert.
Das Grab des Elefanten, das seinen Namen einer hier entdeckten Sandsteinfigur in der Form eines Elefanten verdankt, besteht aus der eigentlichen Grabkammer, einem Altarraum, der der Verehrung der Gottheiten Kybele und Attis diente, einer Küche, einem Speiseraum und einer Zisterne. Offenbar wurde die Grabanlage regelmäßig von den lebenden Verwandten besucht, die den Verstorbenen Speisen und Wein darbrachten und an bestimmten römischen Festen und Jahrestagen besondere Feierlichkeiten abhielten. Man glaubte, dass die Schatten der verstorbenen Generationen ihren lebenden Nachkommen wohlgesinnt blieben, wenn die Kontinuität der Pflege von einer Generation zur nächsten gewährleistet war.
Bei dem im hellenistischen Stil angelegten Servilia-Grab hat der Raum, in dem solche Festbankette zu Ehren der Verstorbenen abgehalten wurden, geradezu gigantische Ausmaße. Es handelt sich dabei um einen aus dem Fels geschlagenen Innenhof, der von offenen Säulenhallen umgeben war.
Von diesen überdachten Galerien gelangte man in verschiedene bemalte Grabkammern. Im Zentrum der Hauptkammer lässt eine runde Öffnung Licht in die Kammer. Man nimmt an, dass das Grab aus der Zeit Augustus einer reichen und mächtigen Familie römischer Statthalter oder Beamten gehörte.
Auf dem Rundweg durch die Nekropole sind zahlreiche andere Gräber zu sehen, in denen die weniger Begüterten ihre Angehörigen bestatteten.

Suchbegriff bei Google Maps:
- Schubart, Walter Trillmich u. a.: Hispania antiqua, Denkmäler der Römerzeit. Wbg (1993)
- Sabine Panzram u. Dominik Kloss: Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Spanien. Nünnerich-Asmus (2022)
- David Macaulay: Eine Stadt nach Plan: So bauten die Alten Römer. Nünnerich-Asmus (2019)