Lerna

Das Haus der Ziegel 
in Lerna

Archäologen der American School of Classical Studies haben in der an der Westküste des argolischen Golfes gelegenen Siedlung Lerna die Überreste einer bedeutenden Stätte der prähistorischen Zeit in Griechenland freigelegt, die von der neolithischen bis zur mykenischen Zeit genutzt wurde. Die Ausgrabungen, die in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts im südlichen Teil eines Hügels durchgeführt wurden, der im Laufe von etwa 5500 Jahren entstanden ist, förderten dabei auch ein großes, palastartiges Gebäude zu Tage. Das als „House of the Tiles“ bezeichnete zweistöckige Gebäude, welches am Ende des Frühhelladikums II (um 2300 bis 2200 v. Chr.) errichtet wurde und durch eine beeindruckende Befestigungsmauer mit zwei Türmen gesichert war, gehört zum Typus des „Korridorhauses“. 

Herakles und die Lernäische  Schlange: Hier soll Herakles die Hydra, ein schlangenartiges, vielköpfiges Wasserungeheuer, das in den schwer zugänglichen Sümpfen von Lerna lebte, getötet haben. Dieses vielköpfige Ungeheuer zu erlegen war die zweite der insgesamt 12 Aufgaben, die der griechische Heros im Dienste des Königs Eurystheus vollbrachte.

Schon im frühen Neolithikum (Lerna I = ca. 6500 – 5800 v. Chr.) lebten in dieser Region an der Westküste des argolischen Golfes Menschen, die von Ackerbau, Viehzucht und Fischfang lebten. Aus dem mittleren Neolithikum (Lerna II = ca. 5800 – 5300 v. Chr.) sind sogar Überreste eines rechteckigen Steinhauses mit kleinen Räumen erhalten geblieben. Die Fundamente eines solchen steinzeitlichen Hauses (I) befinden sich in der Nähe des Eingangs. In der Bronzezeit, die auf dem griechischen Festland auch als helladische Periode bezeichnet wird, blühte die Siedlung dann auf. Zwar dürfte die Stätte in der frühhelladischen Periode I (3100 – 2750 v. Chr.) noch nicht dauerhaft besiedelt gewesen sein. In der frühhelladischen Periode II (Lerna III: 2750 - 2200 v. Chr.) verfügte die kleine Siedlung dann aber schon über eine Befestigungsmauer (2 – 13). Nördlich davon befanden sich rechteckige Gebäude (14, 15) und das große längliche Gebäude, das als „House of the Tiles“ bezeichnet wird. Dieses, dem architektonischen Typus des „Korridorhauses“ folgende, zweistöckige Haus war das wirtschaftliche und administrative Zentrum der gesamten Region. Nach seiner Zerstörung durch einen Brand wurde über seine Ruinen ein kreisförmiger Grabhügel (16) mit einem Durchmesser von 19 m errichtet. In der frühhelladischen Periode III (Lerna IV: Ende des 3. Jahrtausends v. Chr.) sind sowohl in der Architektur – Apsidenhäuser (18, 19) und rechteckiges Haus (17) – als auch in der Töpferei mit der Verwendung einer frühen Form der Töpferscheibe große Veränderungen zu konstatieren. In der mittelhelladischen Periode (Lerna V: 2050 – 1700 v. Chr.) verstärkten sich die Handelsbeziehungen mit den ägaischen Inseln und Kreta und es entstanden neue Vasentypen mit lokalen Merkmalen. Aus dieser Zeit stammen die Fundamente apsidialer und rechteckiger Wohnhäuser (20 – 23) mit Lagerräumen (21). Die Toten wurden innerhalb der Siedlung in einem Friedhof beigesetzt, der vor allem aus Steinkistengräbern bestand (24). In der späten Bronzezeit (Lerna VI: 1700 – 1600 v. Chr.) wurden die Toten in monumentalen Schachtgräbern (25, 26), vergleichbar mit denen aus dem nicht weit entfernten Mykene bestattet. Die Gruben für diese Gräber griffen sowohl in den Bereich des Tumulus (16) als auch in das „House of the Tiles“ ein. Reste von rechteckigen Häusern beiderseits der Straße nordöstlich der Ausgrabungsstätte zeugen von einer Siedlung im 14. und 13. Jh. v. Chr. (Lerna VII), die wahrscheinlich in politischer Abhängigkeit vom mächtigen Nachbarn Argos stand. Das Ende der Bronzezeit bedeutete dann aber im Wesentlichen auch das Ende der Besiedlung von Lerna.

Das Haus der Ziegel

Die Überreste des wichtigsten Gebäudes der prähistorischen Siedlung Lerna befinden sich unter dem Schutzdach. Das gegen Ende des Frühhelladikums (2300/2200 v. Chr.) errichtete  „Haus der Ziegel“, verdankt seinen Namen der großen Anzahl von Tondachziegeln, die in dem dort aufgefundenen Schutt aufgefunden wurden. Der genaue Verwendungszweck dieses, zum Typus des „Korridorhauses“ gehörenden Bauwerks, ist – aufgrund eines Mangels aufschlussgebender Kleinfunde – nicht bekannt. Es könnte sich dabei um die Wohnstatt eines Elite-Mitglieds der Gemeinde oder um eine Frühform eines Palastes handeln. Auch eine Funktion als Gemeindezentrum ist denkbar. Das zweistöckige Gebäude misst 25 x 12 m. Der Haupteingang befand sich im Osten. In seinem Inneren lassen sich vier rechteckige Räume (V, VI, VII, XII) erkennen. Diese stehen über drei Öffnungen (F, G, H) miteinander in Verbindung. Über die seitlichen Öffnungen E und K gelangte man zu den Korridoren (III, IV und VII, IX, X), die entlang der Längsseiten gebildet wurden und teilweise als Lagerräume dienten. Die gemauerten Treppen, die ins Obergeschoss führten, sind im Nordkorridor, im südöstlichen Teil von Raum VI und im Südkorridor erhalten. Die nördliche Treppe ermöglichte den Zugang zu den östlichen Räumen des Obergeschosses direkt über den Nordeingang. Die Mauern bestehen aus ca. 1m breiten Steinfundamenten mit einem Überbau aus ungebrannten, verputzten Ziegeln. Die Fußböden der Räume und Schwellen sind mit feinkörnigem gelblichem Lehm bedeckt. Das Holz von Bäumen aus den arkadischen Bergen (Tanne, Kiefer, Olive) wurde für den Bau des Daches, der Decken und der Treppen sowie für die Abdeckung der Öffnungen zwischen den Räumen verwendet. Beweise für die spätere Nutzung des Gebäudes liefern die beiden monumentalen Schachtgräber (1, 2) im nördlichen Korridor, die in die Übergangszeit zur Spätbronzezeit (1700/1675 - 1600 v. Chr.) datieren.

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Bei dem „Haus der Ziegel“ handelt es sich um einen Baukomplex, der hauptsächlich aus frühhelladischer Zeit (2700 – 2200 v. Chr.) stammt. Dieser 12 x 25 m große Bau hatte seinen Haupteingang im Osten. Zu sehen sind eine Reihe von Räumen entlang der Ost-West-Achse sowie Korridore an den Längsseiten. In zwei kleinen Räumen wurden über 150 Tonsiegel gefunden. Diese Tonmassen, mit denen der Inhalt von Behältern versiegelt worden war, bestätigen die Existenz eines frühen städtischen zentralen Verwaltungssystems.

Haus der Ziegel in Lerna

Die Wände wurden aus sonnengetrockneten Ziegeln auf Steinsockeln errichtet.

Haus der Ziegel in Lerna

Über die Treppe gelangte man in das Obergeschoss.

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In der mittel- bzw. späthelladischen Zeit (Lerna VI: 1700-1600 v. Chr.) wurden zwei Schachtgräber in die Ruinen des Hauses eingelassen. Die auch während der mykenischen Palastzeit (Lerna VII: 14.-13. Jh. v. Chr.) andauernde Besiedelung bezeugt die Existenz einer blühenden Stadt. Man geht aber davon aus, dass die Siedlung gänzlich unter dem Einfluss des benachbarten Argos stand.

  • Befestigungsmauer Lerna

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Südlich des überdachten Bereiches wurde ein Abschnitt der ehemaligen Befestigungsmauer freigelegt, die sich als eine kasemattenartige Mauer mit vorgelagerten Rundbastionen präsentiert. Die zweigeschossigen Räume in der Festungsmauer dienten im Untergeschoss als Lager und im Obergeschoss als Unterkünfte. Da der archäologisch freigelegte Lehmziegelaufbau sehr witterungsanfällig ist, hat man die Mauerreste aus konservatorischen Gründen mit modernen Ziegeln überdacht.

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Außenbereich

BILDNACHWEIS

  • Caeretan black-figure hydria (c. 346 BC). File:Lernaean Hydra Getty Villa 83.AE.346.jpg.
    © Bild:
    Wikimedia Commons

Suchbegriff bei Google Maps:
Archaeological Site of Lerna


BUCHEMPFEHLUNGEN
  • E. Spathari: Korinthia - Argolis. Esperos (2013)
  • Christopher Mee, Antony Spawforth: Greece. An Oxford Archaeological Guide. Oxford University Press (2001)
  • Siegfried Lauffer (Hrsg.): Griechenland. Lexikon der historischen Stätten. Beck (1989) 
  • Richard Stillwell u. a. (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Classical Sites. Princeton University Press (1976) 
  • Christoph vom Brocke: Griechenland. EVA (2007)
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