Das Heiligtum der Hera bei Perachora
Das von Korinth rund 15 km (Luftlinie) entfernt liegende Hera-Heiligtum wurde wahrscheinlich von Megarern oder Argiven zu Beginn des 8. Jahrhunderts v. Chr. errichtet. Um 750 v. Chr. kam es dann unter den Einfluss der Korinther. Aus dieser Zeit stammt ein unweit des Westhofes gefundenes Terrakottamodell eines Hauses. Man geht davon aus, dass der älteste Tempel von Perachora, ein Apsidentempel, diesem Vorbild sehr ähnlich gewesen sein könnte. Neusten Forschungen zufolge stammt das auf der höchsten Ebene des Geländes gelegene „Hearth Building“, eine einfache rechteckige Struktur, die ursprünglich als Tempel der Hera Limenia identifiziert wurde, auch aus dieser Epoche.
Im 6. Jh. v. Chr. wurde westlich des älteren Tempels ein größerer, dorischer Tempel und östlich des Hafengeländes, auf der mittleren Ebene, Zisternen und ein Hestiatorion errichtet. Im 5. Jh. v. Chr. begann man mit dem Bau einer L-förmigen Stoa, eines Altars und eines Areals mit einem unregelmäßigen fünfeckigen Grundriss, das ursprünglich als Agora interpretiert wurde. Heute glaubt man, dass hier die Pilger, die das Heiligtum besuchten, untergebracht wurden.
In hellenistischer Zeit verlor das Heiligtum allmählich immer mehr an Bedeutung. Und als im Jahre 146 v. Chr. Korinth von den Römern zerstört wurde, war es dann auch um das Heiligtum der Hera bei Perachora endgültig geschehen. In der darauffolgenden Zeit wurden auf den Überresten des Heiligtums Häuser und Gehöfte errichtet.

Die frei zugängliche archäologische Stätte ist auch ein beliebter Badeplatz.
Aus dem frühen 5. bzw. späten 4. Jh. v. Chr. stammt die ehemals zweistöckige Stoa, die einen L-förmigen Grundriss aufweist. Der östliche Arm war ca. 16,5 m lang und etwa 5,5 m tief, der nördliche Arm 17, 5 m lang und 5 m tief. Der Bau, der mit Demetrius dem Belagerer, der Ende des 4. Jhs. v. Chr. Korinth regierte, in Verbindung gebracht wird, hatte dorische Säulen im Erdgeschoss und ionische im ersten Stock. Die Anlage stellt das erste bekannte Beispiel dieser Kombination dar.

Der ca. 4 x 2,5 m große Steinaltar war mit einem Triglyphen-und Metopenfries aus dem frühen 4. Jh. v. Chr. geschmückt. Im späten 4. Jh. v. Chr. wurden an den Ecken ionische Säulen hinzugefügt.
Der aus dem 6. Jh. v. Chr. stammende dorische Tempel, der einen älteren, aus der geometrischen Zeit stammenden Apsidialtempel ersetzte, war etwa 10 x 30 m groß. Wie man aus fragmentarisch erhaltenen Inschriften, die man auf Gefäßen fand, weiß, war er der Hera Akraia geweiht. (Der Beiname Akraia bezieht sich auf die Lage des Heiligtums an der Spitze der Halbinsel.) Die Cella des Tempels war in drei Abschnitte unterteilt. Die Giebelecken waren mit Figuren in Form einer geflügelten Nike geschmückt. Bis zur Zerstörung des Heiligtums durch die Römer im 2. Jh. v. Chr. blieb der Tempel intakt. In der Folge litt die Anlage durch die Errichtung einer Kalkbrennerei in der südöstlichen Ecke des Areals.
Am südwestlichen Ende des Heiligtums befindet sich ein etwa 25 x 25 m großer, teils in den Felsen geschnittener ebener Bereich, der verschiedentlich als Agora oder auch Westhof bezeichnet wird. Die Struktur stammt möglicherweise aus dem 6. Jh. v. Chr. Im 4. Jh. v. Chr. dürften die dort befindlichen Unterbringungsmöglichkeiten für die Pilger, die zu dem Heiligtum kamen, zerstört worden sein. Etwa in der Mitte des Areals wurden die Reste eines Wirtschaftsgebäudes mit einer Ölpresse aus der Römerzeit gefunden.
Auf der mittleren Ebene wurde wahrscheinlich im 6. Jh. v. Chr. eine beeindruckende, 6 x 21 m große Zisterne errichtet, deren Enden apsidenförmig abgerundet sind.
Am östlichen Ende der Zisterne befindet sich ein Absatzbecken.
Neben der Doppelapsial-Zisterne haben sich Reste eines Gebäudes erhalten, das als Hestiatorion (ritueller Festsaal) interpretiert wird.
Etwa 10 m nordöstlich des Absetzbeckens wurde das vom Berg kommende Wasser in einer Umleitungsstelle einerseits zur Zisterne und andererseits zur Stoa in der unteren Ebene geleitet.

Eine etwas oberhalb der Doppelapsial-Zisterne gelegene weitere Zisterne sollte die Wasserversorgung sicherstellen.
Die Stützmauern stammen aus dem 5. bis 4. Jh. v. Chr.
Auf der höchsten Ebene des Heiligtums befindet sich das sog. „Hearth Building“, eine einfache rechteckige Struktur, die ursprünglich als Tempel von Hera Limenia identifiziert wurde. Es wird heute angenommen, dass es sich dabei um einen aus dem 7. Jh. v. Chr. stammenden rituellen Speisesaal für offizielle Besucher des Heiligtums handeln könnte.

Suchbegriff bei Google Maps:
Archaeological Site of Heraion at Perachora
- Barbara Stark: Die Heraia von Argos und Samos. Eine Strukturanalyse im soziopolitischen Kontext der geometrischen und archaischen Zeit“. Diplomarbeit, Universität Wien (2008)
- E. Spathari:
Korinthia - Argolis. Esperos (2013)
- Josef Fischer: Mykenische Paläste: Kunst und Kultur. Philipp von Zabern (2017)
- J. Lessley Fitton: Die Minoer. Theiss (2004)
- Zeit der Helden: die "dunklen Jahrhunderte" Griechenlands 1200 - 700 v. Chr. Badisches Landesmuseum Karlsruhe. Primus (2008)
- Götter und Helden der Bronzezeit. Europa im Zeitalter des Odysseus. Bonn: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (1999)
- Richard T. Neer: Kunst und Archäologie der griechischen Welt: Von den Anfängen bis zum Hellenismus. Philipp von Zabern (2013)
- Katarina Horst u.a.: Mykene. Die sagenhafte Welt des Agamemnon. Philipp von Zabern (2018)
- George E. Mylonas: Mykene. Ein Führer zu seinen Ruinen und seine Geschichte. Ekdotike Athenon ( 1993)
- Ingo Pini: Beiträge zur minoischen Gräberkunde. Deutsches Archäologisches Institut (1968)
- Hans Günter Buchholz: Ägäische Bronzezeit. Wissenschaftliche Buchgesellschaft (1987)
- Heinrich Schliemann: Bericht über meine Forschungen und Entdeckungen. Fachbuchverlag Dresden (2019)
- Mykene: Die sagenhafte Welt des Agamemnon. Badisches Landesmuseum Karlsruhe (2018)
- Louise Schofield: Mykene: Geschichte und Mythos. Zabern (2009)
- Sigrid Deger-Jalkotzky und Dieter Hertel: Das mykenische Griechenland: Geschichte, Kultur, Stätten. C.H. Beck (2018)
- Angelos Chaniotis: Das antike Kreta. Beck'sche Reihe (2020)
- Karl-Wilhelm Welwei: Die griechische Frühzeit: 2000 bis 500 v.Chr. Beck'sche Reihe (2019)