Das antike Korinth
In der Bronzezeit war Korinth eine bedeutende mykenische Siedlung, in deren Zentrum sich eine Palastanlage befunden haben soll. Der Legende nach gilt der überaus schlaue Sisyphos, der bekanntlich als Namensgeber der nach ihm so bezeichneten Sisyphusarbeit (eine nicht zu Ende bringende Aufgabe) fungiert, als Ahnherr der Könige von Korinth.
Die Lage der Stadt ist dadurch gekennzeichnet, dass sie an zwei Meeren liegt und demnach über zwei Häfen verfügt. Vom Osten – der Ägais – her kommend erreichten die Schiffe den Hafen von Kenchreai am Saronischen Golf, und von Westen her den Hafen Lechaion am Golf von Korinth. Diese günstige Lage, noch gesteigert durch die Errichtung eines gepflasterten Schleifweges (Diolkos), auf dem man leichte Schiffe ziehen konnte, machte die aufstrebende Stadt zu einem Mittelpunkt von Handel und Gewerbe, führend in Schiffbau, Erzguss und Keramikerzeugung. Bis zur Mitte des 6. Jhs. v. Chr. war Korinth berühmt für den Export der sog. Schwarzfigurigen Vasenmalerei. Bald konnte die Stadt, die sich zudem zu einer der wichtigsten Stätten des Aphroditekultes entwickelte, durchaus mit Athen mithalten, vor allem was den Reichtum anbelangte. Wenn man einigen Quellen Glauben schenken möchte, gab es bei dem bereits im 5. Jh. v. Chr. erbauten Tempel der Aphrodite, der sich auf dem höchsten Gipfel des Akrokorinth befand, mehr als eintausend Tempelprostituierte. Nicht unwahrscheinlich ist auch , dass in der Antike das Sprichwort „Nicht jede Sache ist eine Reise nach Korinth wert!“ tatsächlich gang und gäbe war. Will sagen, die Preise waren dort so hoch, dass man sich gründlich überlegen sollte, dorthin zu reisen.
Von der Größe und Bedeutung der archaischen Stadt gibt heute nur mehr der Tempel des Apollon Zeugnis, der sich oberhalb der Agora befindet. Von ihm stehen noch sieben größere Säulen. Zu den anderen sichtbaren vorrömischen Überreste zählen der Bezirk der Heiligen Quelle an der Nordseite der Agora und die Glauke-Quelle, die im 6 Jh. v. Chr. aus dem Fels gemeißelt wurde.
Im Jahre 146 v. Chr. wurde Korinth dann von den Römern zerstört und ca. 100 Jahre später im Auftrag von Julius Caesar als römische Kolonie (Colonia Laus Iulia Corinthiensis), in der naturgemäß lateinisch gesprochen wurde, neu gegründet. 27 v. Chr. war die Stadt, die sich anschickte, noch einmal zur reichsten und blühendsten Stadt Griechenlands zu werden, schon Sitz des Statthalters der römischen Provinz Achaea. Im 2. Jh. n. Chr. wurde sie Bischofssitz, später sogar Sitz eines Metropoliten. Im 3. Jh. n. Chr. zerstörten Heruler, rund 100 Jahre später die Westgoten die Stadt. Die Slawen, die um 580 n. Chr. in der Gegend einfielen, brachten das antike Leben in Korinth dann fast vollständig zum Erliegen. Danach hatte Korinth eine ähnlich wechselvolle Geschichte wie die umliegenden Gebiete. Byzantiner, Kreuzritter, fränkische Fürsten und Venetianer wechselten sich in der Herrschaft ab. Ab dem 17. Jh. hatten hier die Osmanen das Sagen. Von dem etwas nördlich der Lechaion-Straße, der „Einkaufsmeile“ des antiken Korinth, gelegenen Palast des osmanischen Statthalters der Stadt ist aber kaum etwas erhalten geblieben. 1858 fiel die Stadt, die nur wenige Jahre zuvor Teil des befreiten Staates Griechenland geworden war, einem verheerenden Erdbeben zum Opfer. Daraufhin wurde das antike Korinth endgültig aufgegeben und einige Kilometer entfernt als komplett andere Stadt neu errichtet.

Besichtigung der Ausgrabungsstätte: Vom Haupteingang (E), der sich östlich des aus einem Fels herausgehauenen Glauke-Quellhauses (13) befindet, führt der Weg direkt zum Archäologischen Museum. Man kann das Museum zuerst besichtigen, und dann den Rundgang durch das Gelände beginnen. Oder man geht rechts am Museum vorbei, wo sich zur rechten Hand der Unterbau eines Tempels (22) korinthischer Ordnung befindet, der entweder der Schwester des Augustus oder dem Kapitolinischen Jupiter geweiht war. Blickt man Richtung Agora, dann sieht man die Überreste einer Zeile mit Läden (21) aus dem 1. Jh. n. Chr. Ebenfalls aus dieser Zeit stammen die Fundamente kleiner Tempel - F (6), G (7), K (12), D (11) – eines Brunnens bzw. Standbilds des Poseidon (38) und eines anderen Monumentes (10). Die sieben Porossäulen des aus der Zeit um 550 v. Chr. stammenden Tempel des Apollon (1) beherrschen das Zentrum des archäologischen Geländes. Auf dem Weg dorthin kommt man an den Fundamenten des Tempels C (14) vorbei. Von dem etwas höher liegenden Tempelbezirk des Apollon aus kann man sehr gut die davor liegende Agora überblicken. Dabei fällt sofort ein Relikt der nordwestlichen Läden (17) ins Auge. Nicht zu übersehen ist auch die – vor allem bei Katholiken - berühmte Rednertribüne (4), von der aus der römische Prokonsul zu den Bürgern sprach. Hier soll sich nämlich im Jahr 52 der Apostel Paulus vor dem Prokonsul den Anklagen der korinthischen Juden gestellt haben. Nach Besichtigung der Agora und der dort befindlichen Überreste aus verschiedenen Epochen geht es weiter zu der mit Kalksteinplatten gepflasterten Lechaion-Straße (2), die von einem monumentalen Propylon (3), das die Gestalt eines Triumphbogens hatte, zum Lechaion, dem Handels- und Kriegshafen am Golf von Korinth, führte. Besonders interessant ist das unweit des Propylons gelegene Peirene - Quellhaus (27). Außerhalb des archäologischen Geländes kann man noch die Überreste des Odeions (18) und des Theaters (19) sehen.
Die Stadtmauern, die neben dem eigentlichen Stadtgebiet auch die auf dem 575 m hohen Tafelberg befindliche Akropolis umschlossen, reichten bis zum Lechaion-Hafen am Golf von Korinth, um auch diesen vor feindlichen Angriffen zu schützen. Diese schon im 4. Jh. v. Chr. erbauten Abwehrmauern verbanden, ganz wie dies bei den berühmten „Langen Mauern“ in Athen und dem über 5 km entfernten Piräus der Fall war, die Stadt mit seinem Handels- und Kriegshafen.
Westlich des Tempels C der Hera Akraia (14), befindet sich ein aus einem Fels herausgehauenes Quellhaus (13), das nach der mythischen Glauke (Tochter des korinthischen Königs Kreon, die von der aus der gleichnamigen Tragödie von Euripides bekannten Medea getötet wurde) benannt wurde. In diesem Quellhaus befand sich allerdings keine natürliche Quelle. Das Wasser wurde durch eine unterirdisch verlaufende Leitung von einer am Fuß von Akrokorinth entspringenden Quelle hergeleitet. Einiges deutet darauf hin, dass dieser große Kalksteinwürfel, der dadurch entstanden ist, dass der umgebende Fels zur Gewinnung von Baumaterial abgearbeitet wurde, nicht, wie ursprünglich angenommen worden war, in archaischer, sondern erst in hellenistischer Zeit angelegt wurde.
Westlich der Agora befindet sich der Unterbau des Tempels E (22), eines der Schwester des Augustus oder dem Kapitolinischen Jupiter geweihten Monuments korinthischer Ordnung, das nach dem Erdbeben von 77 v. Chr. errichtet wurde. Der Tempel stand in der Mitte einer rechteckigen, von Säulenhallen umgebenen Anlage, an deren Ostseite ein monumentales Propylon Zutritt zu dem Heiligtum gewährte. Erhalten geblieben sind lediglich der Stufenunterbau (Krepis) und Teile dreier wieder aufgerichteter korinthischen Säulen.
Westlich der Agora wurden die Fundamente einer Zeile mit 12 Läden (21) aus dem 1. Jh. n. Chr. freigelegt.
Überreste der zentralen Läden (40)
Im Vordergrund sind die Fundamente der Tempel an der Westseite der Agora erkennbar. Richtung Osten befinden sich die Reste der nordwestlichen Läden (17).
Der auf einem planierten felsigen Grund angelegte heilige Bezirk, in dem sich der Tempel des Apollon (1) befand, dominierte von jeher die gesamte Stadt. Bei dem um 550 v. Chr. an der Stelle eines Vorgängerbaus aus dem 7. vorchristlichen Jahrhunderts errichteten Bauwerk handelt es sich um einen dorischen Ringhallentempel (Peripteraltempel) mit sechs Säulen an den Schmalseiten und fünfzehn an den Längsseiten, von denen heute noch 7 aufrecht stehen. In römischer Zeit wurde der Tempel, der für die später Tempelarchitektur der klassischen Zeit von grundlegender Bedeutung sein sollte, noch einmal renoviert.
Von dem etwas erhöhten heiligen Bezirk aus hat man einen guten Überblick über die Agora (bzw. Forum der römischen Colonia Laus Iulia Corinthiensis), die in römischer Zeit im Norden und Süden von Ladenreihen gesäumt war. Die Rückseite eines zum Teil erhaltenen Abschnitts der nordwestlichen Läden (17), der in frühchristlicher Zeit in eine Kapelle umgewidmet wurde, sticht dabei sofort ins Auge.
Nordwestliche Läden (17)
Wie in allen antiken griechischen Städten war die Agora, der zentrale Fest-, Versammlungs- und Marktplatz, ein zentraler Kultplatz und Veranstaltungsort vieler Aktivitäten. Seit dem 7. Jh. v. Chr. befand sich hier eine Laufbahn, auf der auch die Athleten, die an den Isthmischen Spielen teilnahmen, trainieren konnten. Sie war rund 170 m lang und mit feinem Kies bestreut. Noch heute sind die Startschwellen an der östlichen Schmalseite der Laufbahn zu sehen. Von den Zerstörungen des Jahres 146 v. Chr. war naturgemäß auch die Laufbahn betroffen. Als der Platz beim Neubau der Stadt um einige Meter erhöht wurde, verschwand die Laufbahn unter dem Marmorpflaster des nunmehr römischen Forums.
Hinter den zentralen Läden wurde bereits gegen Ende des 4. Jhs. v. Chr. eine 146 m lange Südstoa (20) errichtet, deren Dach von 71 dorischen Säulen an der Fassade und 34 ionischen Säulen im Inneren getragen wurde.
Die „Heilige Quelle“ war eher ein Heiligtum als ein öffentlicher Brunnen. Die Anlage hat während ihrer langen Geschichte vom 8. Jh. v. Chr. bis zur hellenistischen Zeit mehrere Umgestaltungen erlebt. Auf einer unteren Ebene bestand es aus einem unterirdischen Quellhaus mit Innenstützen. Als das Grundniveau angehoben wurde, war die Quelle über eine Treppe von einer neu errichteten oberen Ebene aus zugänglich.
Inmitten einer Reihe kleiner zentraler Läden (40) , die sich in der Mitte des Forums befanden, stand die sog. Bema (4), von der aus der römische Prokonsul zu den Bürgern sprach. Dort hatte auch im Jahre 52 n. Chr. der Apostel Paulus vor dem Prokonsul Lucius Iulius Gallio zu erscheinen. Im Mittelalter wurde an der Stelle eine kleine Kirche errichtet, von der noch Reste existieren.
Eine monumentale Toranlage (3) im Nordosten des Forums, die in der Kaiserzeit die Form eines dreiteiligen Triumphbogens hatte, bildete den Anfang der Straße, die zum Lechaion-Hafen führte (2). Auf dem Propylon thronten die aus vergoldeter Bronze hergestellten Statuen des Sonnengottes Helios und seines Sohnes Phaïton. Auf dem mit Kalksteinplatten gepflasterten Abschnitt der Lechaion-Straße, die vom Propylon zum Stadttor führte, gab es eine Reihe von Geschäften, in der Händler ihre Waren feilboten. Interessant ist, dass sich auch noch Teile der Gehsteige und der dazugehörigen Rinnsteine erhalten haben.
Die nach einer Geliebten des Poseidon benannte und für ihr klares Wasser berühmte Peirene-Quelle hatte sowohl im griechischen als auch im römischen Korinth eine herausragende Bedeutung. Das dazugehörige Brunnenhaus (27) wurde seit der archaischen Zeit immer weiter ausgebaut. Es zählte daher auch zu den ersten Bauten, die nach der Neugründung der Stadt als römische Kolonie neu errichtet wurden. Bis in die byzantinische Zeit wurde die Anlage, die vor allem in 2. Jh. n. Chr. monumental ausgestaltet wurde, oft umgebaut.
Außerhalb des archäologischen Geländes befinden sich die Überreste eines aus dem 1 Jh. n. Chr. stammenden Odeions (18). Um 175 n. Chr. wurde es von Herodes Attikus renoviert und umgebaut. Zu der Zeit wurde auch das Peristyl zwischen dem Odeion und dem benachbarten Theater (19) erbaut. Bereits im 5. Jh. v. Chr. stand an dieser Stelle ein Theater. In hellenistischer Zeit wurde ein neues Bühnengebäude errichtet. Ende des 3. Jhs. n. Chr. wurde die Orchestra in eine Arena für Gladiatoren- und Tierkämpfe umgebaut.

Suchbegriff bei Google Maps:
Archaeological Museum of Ancient Corinth
- E. Spathari:
Korinthia - Argolis. Esperos (2013)
- Volker M. Strocka: Die Gefangenenfassade an der Agora von Korinth: Ihr Ort in der römischen Kunstgeschichte. Schnell & Steiner (2010)
- Timo Stickler: Korinth und seine Kolonien: Die Stadt am Isthmus im Mächtegefüge des klassischen Griechenland. Akademie Verlag (2010)
- Nicos Papahatzis: Das antike Korinth. Die Museen von Corinth, Isthmia und Sikyon. Ekdotiki Athinon (1977)
- Elke Stein-Hölkeskamp: Das archaische Griechenland: Die Stadt und das Meer. Beck (2019)
- Oda Wischmeyer, Eve-Marie Becker: Paulus: Leben - Umwelt - Werk – Briefe. UTB (2021)
- Savas Kasa: Korinth und umliegende antike Kulturstätten. Ein illustrierter Reiseführer zu Korinth, dem Isthmos, Loutraki, dem Heraion, Peiraion.