Delphi war schon in mykenischer Zeit (etwa 16.–11. Jh. v. Chr.) bewohnt und galt früh als heiliger Ort, an dem die Erdgöttin Gaia, Sinnbild der Fruchtbarkeit, verehrt wurde. Später, als sich der gemeinsame griechische Götterhimmel herausbildete, wurde daraus das Heiligtum des Apollon. Dort verkündete die Priesterin Pythia ihre berühmten Orakelsprüche.
Ab dem 7. Jh. v. Chr. gewann Delphi überregionale Bedeutung, und ab dem 6. Jh. fanden hier die Pythischen Spiele statt – Feste mit sportlichen und musikalischen Wettkämpfen. Auch politisch war der Ort wichtig: Zunächst beherrschten phokische Siedler aus Kirra Delphi, bis im Ersten Heiligen Krieg (um 595–585 v. Chr.) die Athener eingriffen. Danach entstand der Amphiktyonenbund, ein Zusammenschluss griechischer Stämme, der den Schutz des Heiligtums übernahm.
Bereits in der Antike besaß das Heiligtum den Charakter eines Freilichtmuseums. Spekulative Illustration des antiken Delphi vom französischen Architekten Albert Tournaire. © Bild:
Wikimedia Commons
548 v. Chr. brannte der Apollontempel ab; den Wiederaufbau finanzierten die aus Athen verbannten Alkmäoniden. Später wechselte die Kontrolle mehrmals: Nach dem Zweiten Heiligen Krieg (449–448 v. Chr.) übernahmen erneut die Phoker die Aufsicht über die Spiele. 356 v. Chr. plünderten sie unter Philomelos Delphi, was den Dritten Heiligen Krieg (356–346 v. Chr.) auslöste. Dieser endete mit ihrer Niederlage und dem Aufstieg Makedoniens unter Philipp II. Der Vierte Heilige Krieg (339 v. Chr.) führte 338 v. Chr. zur Schlacht von Chaironeia, die die makedonische Vorherrschaft festigte.
Ausschnitt aus der nördlichen Friesseite des Schatzhauses der Siphnier (ca. 530 v. Chr.): Darstellung der Gigantomachie, des mythischen Kampfes der olympischen Götter gegen die Giganten – ein Sinnbild für den Sieg von Ordnung und göttlicher Macht über das Chaos. Links ist der Löwe des von Themis gelenkten Wagens zu sehen, der sich in den Kampf stürzt und so die göttliche Übermacht zusätzlich unterstreicht. Archäologisches Museum Delphi
279 v. Chr. übernahmen nach der Abwehr einer gallischen Invasion die Aitolier die Kontrolle, 191 v. Chr. folgten die Römer. In römischer Zeit wurde Delphi mehrfach geplündert: 86 v. Chr. von Sulla und 66 n. Chr. von Kaiser Nero, der auf seiner Griechenlandreise zahlreiche geweihte Kunstwerke nach Rom bringen ließ – von antiken Autoren als „Plünderung“ verurteilt, auch wenn es eher einer staatlichen Beschlagnahme glich. Spätere Kaiser, besonders aus der flavischen Dynastie, förderten zwar Restaurierungen, doch das Heiligtum verlor stetig an Bedeutung. Mit dem Vordringen des Christentums und den antiheidnischen Gesetzen der Spätantike kam das Orakel im späten 4. Jh. n. Chr. endgültig zum Erliegen; unter Theodosius I. wurde die Kultstätte um 381 n. Chr. geschlossen.
Delphi – 3D reconstruction. Ancient Athens 3D
Die archäologische Stätte von Delphi
Delphi gehört zu den bedeutendsten Kultstätten des antiken Griechenlands. Im Zentrum liegt das obere
Heiligtum des Apollon
(1), in dem die Priesterin Pythia Orakelsprüche verkündete; Tempel, Schatzhäuser und Statuen dokumentieren seine religiöse und politische Bedeutung. Oberhalb des Apollon-Heiligtums befindet sich das
Stadion (2), in dem vor allem die athletischen Wettkämpfe der Pythischen Spiele ausgetragen wurden. Am östlichen Rand der Anlage entspringt die
Kastalische Quelle (3), an der sich Pilger und Priester vor dem Besuch des Orakels reinigten. Unterhalb liegt das
Heiligtum der
Athena Pronaia (4) mit der charakteristischen Tholos, die der Verehrung Athenas und lokaler Gottheiten diente. Das
Gymnasion (5), nur von der Straße aus sichtbar, war nicht nur Trainingsstätte für Leichtathletik, sondern Teil der griechischen Paideia: Hier verbanden sich körperliche Ertüchtigung mit musischer und geistiger Bildung sowie religiöser Vorbereitung. Das
Museum von Delphi (6) ergänzt die Stätte und präsentiert Fundmaterial aus allen Epochen, das zentrale Aspekte von Religion, Kunst und Kultgeschichte veranschaulicht.
Das Heiligtum des Apollon (1)
Bevor der Apollon-Kult dominierte, wurde an dieser Stelle wahrscheinlich die Erde in Gestalt der Göttin Gaia verehrt. Diese Deutung stützt sich unter anderem auf bronzezeitliche (mykenische) Befunde in der Umgebung. Seine eigentliche Blüte und seine panhellenische Bedeutung erreichte Delphi jedoch mit dem Aufkommen des Apollon-Kults und der Etablierung des Orakels in der archaischen Zeit (8.–6. Jahrhundert v. Chr.). Die Anlage war durch eine Umfassungsmauer gesichert, in die Tore an Ost- und Westseite führten; die Stadt erstreckte sich auch außerhalb dieser Begrenzung, die im Lauf der Jahrhunderte stellenweise erweitert wurde. Um den steilen, unebenen Hang nutzbar zu machen, legte man terrassierte Ebenen mit Stützmauern an, die Platz für zahlreiche Votivgeschenke schufen.
Im 6. Jahrhundert v. Chr. entstand hier der erste steinerne Tempel des Apollon, und in dieser Zeit wurden auch die meisten der bekannten Schatzhäuser errichtet – kleine, tempelähnliche Bauten, in denen Städte ihre Weihegaben aufstellten. Zentral für den sakralen Raum waren der Apollontempel selbst und die Heilige Straße, die vom südöstlichen Haupteingang in verschlungenem Verlauf zum Tempel hinaufführte und vor einem großen Altar endete, der als Weihgeschenk aus Chios überliefert ist. Entlang dieses Prozessionswegs wurden im Lauf der Jahrhunderte Hunderte kostbarer Weihegaben aufgestellt — Statuen, Tripoden, inschriftlich versehene Basen, Säulen und Stelen — so dass das Heiligtum bereits in der Antike den Charakter eines Freilichtmuseums besaß. Von vielen dieser Kunstwerke sind heute nur noch Inschriften oder antike Beschreibungen (vor allem die des Pausanias aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.) erhalten.
(1) Tempel des Apollo,
(2) Altar des Apollo (Altar der Chianer),
(3) Halos,
(4) Bouleuterion,
(5) Prytaneion,
(6) Theater,
(7) Heiligtum des Dionysos,
(8) Heiligtum von Gaea,
(9) Heiligtum des Neoptolemos,
(10)
Lesche der Knidier,
(11) Stoa der Athener,
(12) Stoa des Attalus,
(13) West-Stoa,
(14) Schatzkammer der Athener,
(15) Schatzkammer der Siphnier
(16)
Schatzkammer der Sikyonier,
(17)
Schatzkammer der Äoler,
(18) Schatzkammer der Böotier,
(19) Schatzkammer der Knidier,
(20) Schatzkammer der Korinther,
(21) Schatzkammer der Kyrenier,
(22) Schatzkammer der Megarianer,
(23) Schatzkammer der Potidaeer,
(24) Schatzkammer der Thebaner,
(25) Fels der delphischen Sibylla,
(26) Säule des Prusias II,
(27) Säule des Aemilius Paullus,
(28) Kolonne der Naxianer,
(29) Schlangensäule von Plataeae,
(30)
Daochos Votiv oder Denkmal der Thessalier,
(31) Denkmal des Krateros,
(32) Wagen der Rhodier,
(33) Exedra der Könige von Argos,
(34) Exedra der Epigonen,
(35) Votivaltar von Taras,
(36) Votivaltäre von Athen, Arkadien, Argos und Sparta,
(37) Bulle der Korkyraner,
(38)
Temenos-Mauer,
(39) Römische Agora,
(40) Heiliger Weg,
(41)
Der Weg zum Stadion © Bild:
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Gleich beim Betreten der archäologischen Stätte stößt man auf die römische Agora, den großen Marktplatz aus römischer Zeit. Sie wurde als großer rechteckiger, gepflasterter Platz angelegt und war an drei Seiten von ionischen Säulenhallen umgeben. Die Südseite wurde durch einen mauerartigen Abschluss begrenzt.
Die Abbildung zeigt die römische Agora. Im Hintergrund ist ein zweisäuliges Propylon mit Architrav zu erkennen, das den monumentalen Zugang von der unteren Stadt in den Marktplatzbereich markierte. Durch dieses Tor betraten Besucher zunächst die Agora, bevor sie über die Heilige Straße in das eigentliche Apollonheiligtum gelangten.
In der römischen Kaiserzeit diente die Agora als Markt- und Versammlungsort. Hier konnten Besucher Opfergaben, Votivgaben und andere religiöse Gegenstände erwerben. Fünf Läden an der Rückseite der nördlichen Stoa boten solche Waren an. In der Spätantike wurde der Platz weiterhin genutzt – teils für Handel, teils als Werkstattbereich für Kunsthandwerker. Heute ist vor allem die nördliche ionische Stoa erhalten. Dort befinden sich Marmortafeln mit eingravierten Kreuzen, die aus einem späteren christlichen Bauwerk stammen, das vermutlich zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert n. Chr. errichtet wurde.
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Der Zugang zum Apollonheiligtum in Delphi erfolgte durch mehrere Tore in der Umfassungsmauer. Der Haupteingang lag im südöstlichen Bereich der Einfriedung, an der Stelle, die heute mit den Resten der römischen Agora/des Vorplatzes korrespondiert. Von hier begann die Heilige Straße (Hiera Hodos), über die Prozessionen — etwa zu den Pythischen Spielen — zum Tempel des Apollon zogen. Pilger und Gesandte reinigten sich zuvor traditionell an der Kastalischen Quelle, bevor sie das Heiligtum betraten.
Die Heilige Straße ist der zentrale Prozessionsweg des Heiligtums: sie windet sich in mehreren Abschnitten den Hang des Parnass hinauf und ist auf beiden Seiten von Schatzhäusern, Statuenbasen und Votivgaben gesäumt, die griechische Stadtstaaten und Einzelpersonen als Weihegaben errichteten. Viele der heute sichtbaren Pflastersteine stammen aus spätantiken Erneuerungen; unter dem Belag fanden sich jedoch ältere Monument- und Depotreste. Von den einst prachtvollen Bauten sind besonders zahlreiche Basen und Inschriften erhalten geblieben — in Delphi wurde ein sehr großer Bestand an Weihe- und Verwaltungsinschriften dokumentiert, weshalb der Ort oft auch bildhaft als „Freiluft-Bibliothek“ griechischer Inschriften bezeichnet wird.
Die Zeichnung zeigt den unteren Abschnitt der Heiligen Straße in Delphi: (1) Reste eines Schulgebäudes bzw. Fundamentfragmente,
(2) das Weihemonument, das traditionell Lysander zugeschrieben wird,
(3)
die Weihe der Marathonier
(4) ein als „Trojanisches Pferd“ bezeichnetes Votivdenkmal,
(5) der bronzene Stier der Korkyreer,
(6) die Weihe der Arkader,
(7) eine hellenistische Stoa,
(8)
die Votivgaben der Argiver und
(9) das Votiv der Tarentiner. Diese Bauten — Schatzhäuser, Statuenbasen, Sockel und eine Stoa — markieren den Beginn des prozessionellen Aufstiegs zum Apollon-Tempel; von den Originalausstattungen sind hauptsächlich Basen und Inschriften erhalten, die hier schematisch als Grundrisse dargestellt sind.
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Der heilige Omphalos von Delphi galt in der antiken Überlieferung als der „Nabel der Welt“ und war ein bedeutendes Kultobjekt im Orakelheiligtum von Delphi. Der Begriff Omphalos bedeutet wörtlich „Nabel“ und symbolisierte die Vorstellung eines Mittelpunkts bzw. einer Verbindung von Himmel und Erde. Nach den Überlieferungen wurde der Omphalos als vom Himmel gefallen beschrieben. Der Omphalos erscheint in den antiken Quellen meist als unbearbeiteter Steinkörper, dessen Form zwischen Kegel und Knolle schwankt – kein fein skulpturiertes Kunstwerk, sondern ein naturbelassener, heiliger Gegenstand. Zugleich berichten Autoren wie Pausanias, dass der Stein im Heiligtum mit einem wollenen Netz (agrenon) überzogen war, dessen Knoten mit Schmucksteinen verziert wurden. An seiner Spitze sollen zwei goldene Adler angebracht gewesen sein. Diese Ausstattung verlieh dem schlichten Stein eine symbolische und kultische Würde, die seine Bedeutung als Zentrum der Welt und Sitz der göttlichen Macht Apollons hervorhob.
In der mythologischen Erzählung wird der Stein mit dem von Zeus geworfenen Stein verbunden, der den Mittelpunkt der Welt markieren sollte: Zeus sandte zwei Adler in entgegengesetzte Richtungen, und an dem Ort, an dem die Vögel wieder zusammentrafen, ließ er den Stein fallen — an jener Stelle entstand der Sage nach Delphi.
Im Heiligtum des Apollo spielte der Omphalos eine zentrale kultische Rolle im Zusammenhang mit der Weissagung. Antike Berichte erwähnen, dass sich im Adyton, dem innersten Bereich des Tempels, unter anderem der heilige Dreifuß, der kultische Lorbeer und der Omphalos befanden – an diesem Ort sprach die Pythia ihre Orakel. Mythologisch galt der Omphalos zugleich als jener Ort, an dem der Python, das von Apollo besiegte Ungeheuer, seinen Sitz gehabt haben soll. Der Kampf des Gottes gegen Python bildet einen wesentlichen Teil der Gründungs- und Eroberungssage des delphischen Heiligtums.
Das Schatzhaus der Athener
Der Skulpturenschmuck des Schatzhauses zeigt auf den Metopen die Heldentaten zweier großer griechischer Helden: Herakles und Theseus. Die originalen Reliefs befinden sich heute im Archäologischen Museum von Delphi, während an der rekonstruierten Fassade Kopien angebracht sind. Die Wände des Schatzhauses trugen zahlreiche Inschriften, darunter zwei bedeutende Päane (Lobgesänge) an Apollon, die mit der Notation der antiken Musik überliefert sind – ein seltener und wertvoller Befund für die Erforschung der griechischen Musikgeschichte. Auf einer dreieckigen Plattform südlich des Schatzhauses stellten die Athener zudem die Kriegsbeute aus der Schlacht bei Marathon zur Schau.
In der römischen Kaiserzeit, besonders im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr., wurde das Bauwerk laut epigraphischen Quellen zweckentfremdet und diente als Pfandleihhaus von Delphi.
3D reconstruction of the Treasury of the Athenians in Delphi. Created for the project "Digital Delphi" of the Ephorate of Antiquities of Phocis. Production: Diadrasis IT 3D modelling: Dimitris Tsalkanis (www.ancientathens3d.com)
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Die Stoa war etwa 30 Meter lang und öffnete sich mit einer ionischen Kolonnade nach Südosten. Ihre Fassade bestand aus sieben monolithischen Marmorsäulen, von denen heute vier noch stehen. Ein hölzernes Dach überspannte den Säulengang, der einen überdachten Raum für die Weihegaben bot. Der Bau wurde offenbar aus öffentlichen Mitteln Athens finanziert und diente nicht nur als religiöse Weihung, sondern auch als politisches Symbol: Er stellte die führende Rolle Athens im Kampf gegen die Perser im panhellenischen Heiligtum von Delphi zur Schau.
Die Stoa der Athener steht an der polygonalen Mauer, die die Terrasse des Tempels des Apollon abstützt. Diese Mauer ist aus vieleckig zugeschnittenen Steinblöcken ohne Verwendung von Mörtel errichtet; ihre präzise gefügten Fugen zeugen von hoher handwerklicher Kunst. Sie stammt aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. und zählt zu den bemerkenswertesten Bauwerken dieser Technik im Heiligtum von Delphi.
3D reconstruction of the Stoa of the Athenians in Delphi. Created for the project "Digital Delphi" of the Ephorate of Antiquities of Phocis. Production: Diadrasis IT 3D modelling: Dimitris Tsalkanis (www.ancientathens3d.com)
Der Apollontempel in Delphi nahm die wichtigste und prominenteste Position innerhalb des delphischen Heiligtums ein. Er war dem Gott Apollon, dem Gott der Musik, des Lichts und der Harmonie, geweiht.
Der heute teilweise rekonstruierte Tempel stammt aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. und ist bereits das dritte Bauwerk, das an dieser Stelle errichtet wurde. © Bild:
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In der Vorhalle (Pronaos) waren, wie antike Schriftsteller berichten, die berühmten delphischen Sinnsprüche der Sieben Weisen eingemeißelt: „Erkenne dich selbst“ (gnôthi seautón) und „Nichts im Übermaß“ (mēdén ágan). Ebenso befand sich dort das rätselhafte delphische Symbol „E“, das nach moderner Deutung als „Ei“ (Εἶ) – „Du bist“ gelesen werden kann, womit es möglicherweise auf die göttliche Präsenz hinweist.
Der Überlieferung zufolge soll sich am Eingang des Apollontempels in Delphi die Inschrift „Erkenne dich selbst“ (gnôthi seautón) befunden haben. Die damit zum Ausdruck gebrachte Aufforderung, sich bei der Bewältigung der eigenen Probleme nicht in bloße Äußerlichkeiten zu verlieren, sondern sich zuerst mit seiner „Innenwelt“ zu beschäftigen, soll angeblich von einem der legendären „Sieben Weisen“ von Griechenland stammen. Ursprünglich ging es wohl nur darum, darauf hinzuweisen, dass die Menschen - anders als die Götter - sterblich, unvollkommen und begrenzt sind. Später wollte man dann den Besucher des Heiligtums dazu ermuntern, sich mit dem Phänomen seines Menschseins an sich zu beschäftigen und dieses geistig zu durchdringen. Erstmals belegt ist dieser Gedanke bei Heraklit (ca. 520 - ca. 460 v. Chr.), der feststellte, dass „allen Menschen zuteil ist, sich selbst zu erkennen und verständig zu denken.“ Mehr dazu in: Seelische Ausgeglichenheit.
Das Monument des Aemilius Paullus
Das Theater von Delphi ist eines der besterhaltenen Monumente der archäoloogischen Stätte und zeugt vom hohen geistigen und kulturellen Niveau des Apollonheiligtums. Es liegt hoch am Hang des Parnass, halbkreisförmig in den Felsen eingebettet, mit einem weiten Blick über das Tal des Pleistos. Hier fanden die musikalischen und dramatischen Wettkämpfe der Pythischen Spiele sowie weitere religiöse Feste zu Ehren Apollons statt.
Die ursprüngliche Gestalt des Theaters ist nicht überliefert. Vermutlich saßen die Zuschauer zunächst auf Holzbänken oder auf dem Erdboden. Das erste steinerne Theater wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Eine umfassende Restaurierung erfolgte 160/159 v. Chr. mit finanzieller Unterstützung durch Eumenes II. von Pergamon. Seine heutige Form erhielt das Theater in der frühen römischen Kaiserzeit. Für den Bau verwendete man lokalen Kalkstein aus dem Parnass-Gebirge.
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Das Stadion von Delphi war der Austragungsort der athletischen Wettkämpfe der Pythischen Spiele, eines großen religiösen Festes zu Ehren des Gottes Apollon. Seinen Ursprung hatte das Stadion bereits im 5. Jahrhundert v. Chr., als man zunächst nur den Boden einebnete, um eine Laufbahn zu schaffen. Die Zuschauer saßen damals einfach auf dem Erdboden. Erst in der römischen Kaiserzeit, im 2. Jahrhundert n. Chr., erfuhr das Stadion eine umfassende Umgestaltung. Unter Kaiser Hadrian ließ der wohlhabende Athener Herodes Atticus die Anlage großzügig ausbauen: In dieser Zeit entstanden die heute sichtbaren Marmorsitze und der monumentale Torbogen mit drei Arkaden, der den Eingang des Stadions markiert.
Die Start- und Ziellinien der Laufbahn waren durch eine Reihe von Steinplatten mit quadratischen Vertiefungen gekennzeichnet, in denen vermutlich Startvorrichtungen befestigt waren. Etwa 17 bis 18 Läufer konnten gleichzeitig antreten. Die Laufstrecke betrug ein pythisches Stadion, also rund 178 Meter. Für die Richter waren auf der Nordseite besondere Sitzplätze mit Rückenlehnen vorgesehen. Der monumentale Bogen am Ostrand des Stadions, unmittelbar vor dem Startpunkt der Laufbahn, ist einzigartig in Griechenland. Er bestand aus drei Arkaden, die von vier Pfeilern getragen wurden; in den beiden mittleren Pfeilern befanden sich Nischen für Statuen.
Die pythischen Wettkämpfe fanden am fünften Tag des Festes statt, das insgesamt sechs bis acht Tage dauerte. Zu den Disziplinen gehörten der Dolichos, ein Langstreckenlauf über 24 Stadien (rund 4,5 km), der Stadionlauf (Sprint über ein Stadion), der Diaulos (Lauf über zwei Stadien) sowie der Pentathlon, ein Fünfkampf aus Laufen, Ringen, Weitsprung, Diskus- und Speerwerfen. Den Abschluss bildete der Hoplitenlauf, bei dem die Athleten über zwei bis vier Stadien in Rüstung liefen – mit Helm, Beinschienen und Schild, aber ohne übrige Kleidung.
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Die Kastalische Quelle (3)
Das Gymnasion von Delphi (4. Jh. v. Chr., ca. 330 v. Chr.) war ein komplexer Bau für körperliche Ausbildung und sportliche Wettkämpfe. Auf der oberen Terrasse befand sich der Xystos, ein überdachter Laufportikus von etwa 9 m Breite und 186 m Länge; sein sandiger Boden erleichterte das Training. Die untere Terrasse umfasste die Palästra, einen quadratischen Innenhof, der von Säulengängen umgeben und von mehreren Nebenräumen flankiert war; diese dienten unter anderem als Umkleide-, Trainings- und Kampfräume. Westlich der Palästra lag ein rundes Wasserbecken von ca. 10 m Durchmesser und 1,80 m Tiefe, das mit Wasser aus der Kastalischen Quelle gespeist wurde und mehrere kleinere Steinbäder versorgte. In römischer Zeit wurde in der Nähe ein Warmbad ergänzt, das den Athleten zusätzlichen Komfort bot. Unter dem Xystos wurden archaische Baureste freigelegt, die auf frühere kultische Nutzungen hindeuten und möglicherweise mit einem Demeter-Heiligtum in Verbindung standen. In der Spätantike wurde die Palästra überbaut; später überdeckte ein byzantinisches Kloster Teile der Anlage.
Das Heiligtum der Athena Pronaia (4)
In der Antike war das Heiligtum der Athena Pronaia das erste, das Pilger und Reisende auf ihrem Weg von Attika oder Böotien zum berühmten delphischen Orakel erreichten. Wahrscheinlich verdankt die Göttin ihren Beinamen „Pronaia“ – wörtlich „die Vor dem Tempel Stehende“ – dieser Lage „vor“ dem Heiligtum des Apollon. Neben Athena wurde hier auch der lokale Held Phylakos (Phylacus) verehrt, der in der Überlieferung als Beschützer der Stadt galt. Die Nutzung des Ortes lässt sich bis in die mykenische Zeit zurückverfolgen. Archäologische Funde, insbesondere weibliche Terrakottafiguren, bezeugen eine frühe religiöse Bedeutung des Platzes. Ob diese Figuren Teil eines älteren Erdkultes – möglicherweise zu Ehren der Göttin Gaia, der ersten in Delphi verehrten Gottheit – waren oder aus mykenischen Gräbern stammen, ist bis heute ungeklärt. Fest steht jedoch, dass das Heiligtum über Jahrhunderte hinweg ununterbrochen genutzt wurde.
Die im heiligen Bezirk erhaltenen architektonischen Überreste – Tempel, Altäre, Schatzhäuser und andere Gebäude, eingefasst von einer schützenden Umfassungsmauer – gelten als herausragende Beispiele griechischer Baukunst. Im östlichen Teil des Heiligtums sind die Fundamente von zwei
dorischen Tempeln der Athena
(I)
aus porösem Stein erhalten. Der erste stammt aus der Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr., der zweite wurde im frühen 5. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Etwa zur Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. entstand im westlichen Bereich ein weiterer, aus grauem Kalkstein gefertigter
Tempel (2),
der ohne umlaufende Säulenhalle auskam. Zu den bedeutendsten Profanbauten gehören
zwei Schatzhäuser. Eines von ihnen,
dorischer Ordnung (3), wurde kurz nach 480 v. Chr. errichtet. Das andere, das berühmte
Schatzhaus der Massalier (4), wurde um 530 v. Chr. im ionischen Stil erbaut und bestand aus glänzendem parischem Marmor. Es wurde von den griechischen Kolonisten aus Massalia (dem heutigen Marseille) gestiftet, die ursprünglich aus Phokaia in Ionien stammten. Am östlichen Rand des Heiligtums befindet sich eine Reihe von Altären, die den Kulten verschiedener Gottheiten geweiht waren – darunter Zeus, Athena Ergane, Athena Zosteria, die Geburtsgöttin Eileithyia und Hygieia, die Göttin der Gesundheit. Das beeindruckendste Bauwerk ist jedoch die berühmte
Tholos (5), ein runder Tempelbau mit einer äußeren Säulenhalle, der heute teilweise rekonstruiert ist. Mit ihrer harmonischen Form und architektonischen Eleganz gilt die Tholos als eines der ästhetischen Meisterwerke der klassischen Antike und verleiht dem Heiligtum der Athena Pronaia seine unverwechselbare, zeitlose Schönheit.
Der Tempel der Athena Pronaia im Westen des Heiligtums
In der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. (ca. 360–370 v. Chr.) wurde im westlichen Teil des Heiligtums der Athena Pronaia ein neuer Tempel errichtet, ausgeführt aus lokalem grauem Kalkstein. Der Tempel besaß eine Cella (die Innenkammer mit der Kultstatue) und davor eine Vorhalle, den Pronaos, die von den beiden nach vorn vorspringenden Seitenwänden (Antae) eingerahmt wurde. Direkt vor dem Pronaos stand eine Reihe von sechs dorischen Säulen; die Verbindung zwischen Pronaos und Cella wurde zusätzlich durch ein ionisch geordnetes Element (in vielen Rekonstruktionen als ionisches Tor oder ionische Säulen an der Öffnung) betont. Im Unterschied zu den älteren peripteralen Tempeln im östlichen Bereich hatte dieser Neubau keine umlaufende Säulenhalle (kein Peripteros), wodurch seine Form kompakter wirkt. Vom Bau sind heute vorwiegend Fundamente erhalten. Die Zuordnung der Widmung ist in der Forschung nicht vollständig unumstritten, weshalb manche Autorinnen und Autoren Zurückhaltung bei einer eindeutigen Benennung als Athena-Tempel üben.
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Die dorischen Tempel der Athena