PeristeriaDas Mykene der westlichen Peloponnes
Versteckt zwischen den sanften Hügeln der westlichen Peloponnes, fernab der großen Touristenströme, liegt eine archäologische Stätte von unerwarteter Bedeutung: Peristeria. Oft als das „Mykene der westlichen Peloponnes“ bezeichnet, birgt dieser Ort eine faszinierende Geschichte, die tief in die bronzezeitliche Vergangenheit Griechenlands zurückreicht. Im Zentrum der Ausgrabungen stehen mehrere Tholosgräber – große, kuppelförmige Grabstätten, die einst der lokalen Elite vorbehalten waren. Besonders auffällig ist die sorgfältige Bauweise der Grabarchitektur, die auf eine wohlorganisierte und mächtige Gesellschaft schließen lässt.
Die Anreise führt durch weite Olivenhaine und eine typische mediterrane Hügellandschaft, bis sich der Fundort malerisch auf einem kleinen Hügel erhebt – mit weitem Blick über das grüne Umland. Ein Ort der Stille, der Geschichte – und stiller Inspiration.
Peristeria, in der Nähe des heutigen Trifylia in der Region Messenien gelegen, entwickelte sich bereits in der frühen mykenischen Periode (um 1500 v. Chr.) – noch vor dem Aufstieg des nahegelegenen Palasts von Nestor bei Pylos – zu einem bedeutenden Verwaltungs- und Siedlungszentrum auf der westlichen Peloponnes. Systematische Ausgrabungen auf dem Hügel von Peristeria wurden in den 1960er- und 1970er-Jahren von der Archäologischen Gesellschaft von Athen durchgeführt, zunächst unter der Leitung von Spyridon Marinatos, später von Georgios Korres. Dabei wurden drei mykenische Tholosgräber (Kuppelgräber) freigelegt, von denen eines restauriert wurde. Darüber hinaus traten Reste von Wohnbauten, Umfassungsmauern sowie Teile einer Befestigungsanlage zutage. Ein weiteres Tholosgrab wurde westlich des Hügels, außerhalb des heutigen umzäunten Grabungsgeländes, in einem Feld entdeckt.
Youtube: Point Of View GR: Archaeological Site Of Peristeria – Messinia
Die archäologischen Funde belegen, dass der Hügel von Peristeria und seine baulichen Strukturen von der mittelhelladischen Zeit (ca. 2050–1680 v. Chr.) bis zum Ende der mykenischen Epoche (ca. 1180 v. Chr.) kontinuierlich genutzt wurden. Im Zentrum der Ausgrabungen stehen mehrere Tholosgräber – große, kuppelförmige Grabstätten, die der lokalen Elite vorbehalten waren. Ihre präzise Bauweise weist auf eine gut organisierte und politisch einflussreiche Gesellschaft hin. Ergänzt wird dieses Bild durch reich verzierte Keramikfunde und Hinweise auf überregionale Handelsbeziehungen, insbesondere mit anderen Regionen der Ägäis und dem östlichen Mittelmeerraum. Obwohl die Gräber bereits in der Antike geplündert wurden, zeugen die erhaltenen Objekte vom materiellen Wohlstand der Bewohner und belegen Kontakte unter anderem zum minoischen Kreta. Die Funde liefern darüber hinaus wertvolle Einblicke in häusliche Kultpraktiken und die soziale Struktur der mykenischen Gemeinschaft.
Das restaurierte Tholosgrab von Peristeria
Unter den bislang freigelegten Grabstätten von Peristeria nimmt ein restauriertes Tholosgrab eine besondere Stellung ein – sowohl in Hinblick auf seinen Erhaltungszustand als auch auf seine architektonische Qualität. Errichtet um 1500 v. Chr., zählt es zu den frühesten Beispielen dieser monumentalen Grabform auf dem griechischen Festland. Die frühe Datierung verweist auf die politische und wirtschaftliche Bedeutung Peristerias in mykenischer Frühzeit.
Das Grab folgt dem klassischen Bautyp mykenischer Kuppelgräber: Ein imposanter, in den Hang eingeschnittener Zugangskorridor (Dromos), gesäumt von sorgfältig gesetzten Steinblöcken, führt zum runden Innenraum der Grabkammer. Diese ist in der sogenannten Kranztechnik errichtet – mit sich nach oben verjüngenden, ringförmig geschichteten Steinen, die die charakteristische Kuppelform erzeugen. Teile der einst eingestürzten Kuppel wurden bei der Restaurierung ergänzt, um die ursprüngliche Struktur erfahrbar zu machen. Der Zugang zur Kammer (Stomion) war ursprünglich durch mächtige Steinplatten verschlossen.
Die Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen verfolgten das Ziel, die Stabilität der Anlage zu sichern und zugleich das architektonische Erscheinungsbild möglichst authentisch zu bewahren. Moderne Materialien kamen bewusst zurückhaltend zum Einsatz, um die historische Substanz zu wahren. Heute gehört das Grab zu den wenigen Tholosgräbern in Griechenland, die in dieser Qualität zugänglich sind.
Obwohl es bereits in der Antike geplündert wurde, förderten die Ausgrabungen bedeutende Funde zutage: fein verzierte Keramik mykenischen und minoischen Stils, Schmuck aus Gold und Bronze sowie Reste von Wandmalereien. Diese Objekte zeugen von der gehobenen sozialen Stellung der hier Bestatteten und lassen auf enge kulturelle und wirtschaftliche Kontakte mit Kreta und anderen Zentren der Ägäis schließen. Das restaurierte Tholosgrab ist damit nicht nur ein beeindruckendes Bauwerk, sondern auch ein Schlüssel zum Verständnis der frühen mykenischen Elitekultur.

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Peristerias Archaeological Site
BUCHEMPFEHLUNGEN
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